Kusserow-Bandonion
System: Zademack, Micklitz(Sohn), Gerlinger (gleichtönig, logisch)
(Sammlung Oriwohl, Nr. 99)
Herstellung: Fa. Meinel u. Herold (ggr.1893, Klingenthal, Sachsen) ab 1925. Aluminium-Einzelstimmplatten mit Stahlzungen. 2-chörig.
Dieses Modell ist um 1925 Endpunkt der Entwicklungen, die an den letzten Instrumenten gezeigt worden.
Vom ersten Zademack-Modell bis zur Hilfsreihe von Gerlinger vergingen 22 Jahre. Während dessen wurde die linke Seite umfassend neu gestaltet. Alles mit dem Ziel, Lernenden die mühsame und zeitraubende Tonsucherei an Wechselton-Instrumenten zu ersparen.
Spielanleitung auf youtube.com
Linke Seite: 2-chörig (8'+8' und 4x16'+8')
Die neue Manualeinteilung von Richard Micklitz, Sohn (1898-?), bei der er sich eventuell an dem von Hugo Stark um 1920 entwickelten Chromatiphon orientiert hat, da die Tonintervalle zwischen den Tasten identisch sind.
Rechte Seite: 2-chörig (8'+8')
Das Ergebnis der Überlegungen von A. Gerlinger ist eine ganz oben angefügte Hilfsreihe, welche gebundenes Spiel auch über eine gesamte senkrechte Tastenreihe ermöglicht.
Rechtes Manual: Das Tonbelegung der Tasten nach J. Zademack
Die blaue Wiederholungsreihe dient gebundenem Spiel und variablen Fingersätzen.
Die von A. Gerlinger erdachte Hilfsreihe (orange) ermöglicht mit vier Fingern sechs Tasten einer Reihe (chromatische Tonfolge) gebunden (legato) zu spielen.
Beispiel äußerste Reihe: Zeigefinger g > Mittelfinger g# > Zeigefinger Hilfsreihe a > Mittelfinger a# > Ringfinger b > kleiner Finger c1.
Da die Reihen im Quintabstand stehen, werden Quinten mit einem Finger auf gleichzeitig 2 Tasten gespielt, was bis zu sechsstimmige Akkorde ermöglicht.
Linkes Manual: Die Tonbelegung der Tasten nach dem System von Richard Micklitz
Er verwendete eine zum Chromatiphon identische Intervallaufteiltung zwischen den Tasten, kehrte aber die Richtung der Halbtonschritte um, so dass diese bei ihm von innen nach außen absteigen und außerdem eine andere Innenreihe (a-cis-f-a) zum Ausgangspunkt haben. Durch die beiden äußeren Wiederholungsreihen (farbig) ergeben sich für alle Tonarten gleiche Fingersätze bei den Dreiklängen, sowie fast allen Vierklängen.
Drei 'Kusserow'-Bandonionspieler um 1935
Eine Frau mit Instrument in der Öffentlichkeit war damals noch ungewöhnlich, galt doch das Musizieren für Frauen nur im Rahmen der Hausmusik oder eines Familienensembles als 'schicklich'. Außerhalb dessen war öffentliches Musizieren entsprechend christlicher Moralvorstellungen nur Männern vorbehalten. Erst mit dem insbesondere in den 1920er Jahren einsetzenden Aufbrechen religiös normierter Geschlechterrollen nahmen sich die ersten Frauen, wie hier Trautchen Stenzel, die Freiheit, auch am Badesee ihrem musikalischen Hobby zu frönen.
