Ein Bandonion fördert und fordert Melodiespiel, Tongestaltung und harmonische Begleitung gleichermaßen. Das Kind muss im Gegensatz zu anderen Instrumenten alles gleichzeitig bewältigen. Gegenüber einem Klavier ist es viel stärker bei der Tongestaltung gefragt. Das Bedienen eines Balges ist lebendiger und körperbezogener als das Anschlagen einer Klaviertaste. Die meisten Kinder sind kleine Vulkane, die beständig mit Energie um sich werfen. Die Komplexität eines Bandonions wäre eine Möglichkeit sich spielerisch auszutoben. Alles was Musik im Einzelnen ausmacht, wird hier in seiner Gesamtheit gefordert. (Bild: Steppke mit Kusserow-Bandonion)

Enkelkind mit Opa Emil nebst Frau und einem diatonischen Akkordion. Foto 1920/30er

Als einzige Ziehharmonikaart findet in gößerem Umfang das Akkordion in der Musikausbildung von Kindern Verwendung. Das meistens verwendete Standardbass- Akkordion kann aber auch kritisch gesehen werden. Vor allem wenn es als Erstinstrument erlernt wird, werden durch dessen Fertigakkorde das linkshändige Spiel und diesbezügliches theoretisches Wissen tendenziell weniger gefordert. Sinnvoller ist ein kleines Akkordion mit einem Melodie-, also Einzeltonbass für die linke Hand.

Annelise beim Ausflug des Hallenser Bandonionklubs in der Dölauer Heide im Juli 1950.

Nicht förderlich für den Lerneifer, oder gar gesundheitsschädlich, sind große, schwere Akkordions, wenn sie wie Hosen gleich ein paar Nummern größer als erforderlich gekauft werden. Auch ein Bandonion (s. Bild) ist erst ab etwa 4-5 Jahren sinnvoll, weil vorher Spannweite und Kraft der Arme zur Bedienung des Instrumentes oft nicht ausreichen. Für Kinder unter 5 Jahre stellt sich also auch beim Bandonion die Frage nach einem geeigneten Instrument.

Optimal für die Kleinsten dürfte eine Concertina sein. Größe, Gewicht und Tastenabstände sind wie geschaffen für kleine Hände. Ein einchöriges Instrument wäre ausreichend und eignet sich besonders für die Gehörbildung, weil Einzel- statt Doppeltöne erklingen. Dafür gibt es viele Modelle wechseltöniger Konzertinas zu auch kleinen Preisen. Deren System mit bis 40 Tönen entspricht meist auch dem Kernbereich wechseltöniger Bandonions, so dass Erlerntes am Bandonion weitergeführt werden kann. Bei Gleichtoninstrumenten gibt es dagegen kein System, dass von einer Konzertina auf ein Bandonion übertragbar ist.

Herstellung: VEB Bandonionwerk Carlsfeld (vorm. A.Arnold), am 13.2.1952
2-chörig (8'+4'); H: 22cm; T: 24cm; 4,1kg
Rechtes Manual: h-c3, 33 Tasten; links: E-g1, 34 Tasten)

Ein Angebot war z.B. das Kusserow-Bandonion als gesondertes Jugendmodell. Ein verringerter Tonumfang ermöglicht ein kleineres Gehäuse, welches den Armspannweiten von Kindern entgegen kommt und das Gewicht reduziert. Außerdem verfügt es über ein Manual mit verringerten senkrechten Tastenabständen, was den kleineren Spannweiten der Finger Rechnung trägt. Für unter Fünfjährige könnte aber auch dieses Modell noch zu groß.

In Höhe und Tiefe rund 5cm weniger als das Jugendbandonion misst das Minibandonion C64 der Firma Untersee in Rorschach/ Schweiz. Das Kusserow-Instrument misst 19,5 x 18,5cm, umfasst 64 Töne und wird auch einchörig gebaut.

Wichtig wäre es auch schon für Kleinkinder kindgerechte Konzertinas anbieten zu können. Wartet man dagegen bis das Kind ein großes Bandonion bedienen kann, bliebe die beste Lernphase bis zum 5. Lebensjahr, in welcher die Intuition noch weit vor dem Verstand agiert, ungenutzt. Ein großes Problem ist auch der kleine Gebrauchtmarkt für Bandonions. Ein gebrauchtes Akkordeon ist dagegen jederzeit in unterschiedlichen Ausführungen und zu günstigen Preisen erhältlich, was ein Grund für dessen größere Schülerschar sein dürfte.